Handelt es sich also bei den Beschwerden, die durch die MCS-Erkrankung bedingt sind, vornehmlich um vegetative Symptome, denen kein bzw. primär kein organischer Befund zugrunde liegt, ist der GdB damit in Analogie zu Teil B 3.7 der Anlage zu beurteilen. Ob es sich bei der MCS tatsächlich um (k)eine psychische Erkrankung handelt, ist dabei unerheblich. Sicher ist, dass die MCS-Erkrankung eine komplexe Symptomatik darstellt, die somatische Anomalien, physische aber auch psychische Folgen nach sich zieht. Bestehen – wie vorliegend – keine physischen funktionellen Einschränkungen aufgrund der Erkrankung, verbleibt für die Beurteilung des GdB allein die Möglichkeit der Berücksichtigung der somatischen und psychischen Beschwerden.


Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 10. Senat
26.03.2014
L 10 SB 161/12
Juris



Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Klägerin ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 festzustellen ist; darüber hinaus begehrt die Klägerin die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen „G“, „B“ und „RF“.

Im August 2009 beantragte die 1949 geborene Klägerin im Hinblick auf eine Chemikalien-Überempfindlichkeitserkrankung (MCS/CFS) die Festsetzung eines GdB sowie der Merkzeichen „G“, „H“, „RF“ und B“ rückwirkend ab dem 19. November 2008. Hierfür bezog sie sich auf ein von ihr vorgelegtes Gesundheitszeugnis vom 12. Juni 2009, das für die Landesschulbehörde J. erstellt worden war. Danach bestehe bei der Klägerin eine multiple Chemikaliensensitivität, die durch Exposition gegenüber verschiedenen chemischen Stoffen verursacht werde. Die vielfältigen Beschwerden schränkten die Leistungsfähigkeit der Klägerin stark ein, diese könne schon ganz alltägliche Belastungen mit Chemikalien nicht vertragen, z.B. Duftstoffe in Parfums und Ausdünstungen von Möbeln. Die Beschwerden könnten nur durch ein Vermeiden der als Auslöser bekannten Chemikalien beeinflusst werden. Der Beklagte zog einen Befundbericht der die Klägerin behandelnden Ärztin für Naturheilverfahren Dr. K. bei und setzte mit Bescheid vom 20. November 2009 den GdB für die Funktionsbeeinträchtigung „Chemikalien-Überempfindlichkeitssyndrom“ ab dem 1. November 2008 mit 30 fest. Die Feststellung von Merkzeichen lehnte er ab, weil der GdB unter 50 liege. Mit ihrem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, schwer chronisch erkrankt zu sein, ohne dass es hierfür einen Therapieansatz gebe. Für sie bedeute jeder Aufenthalt in der Öffentlichkeit eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes. Aufgrund ihrer Erkrankung seien ihr die Ausübung ihres Berufes, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, der Besuch von Veranstaltungen und normale Alltagsaktivitäten, wie z.B. Einkaufengehen nicht möglich. Darüber hinaus sei sie zur Einhaltung eines umfangreichen Diätplanes gezwungen, könne Wasch- und Putzmittel nicht verwenden und Zeitungen nicht lesen. Insgesamt sei ihr Aktionsraum sehr eingeschränkt. Nach Anhörung seines medizinischen Dienstes wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4. Mai 2010 zurück; bei der Bewertung des GdB seien die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit berücksichtigt worden.

Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Lüneburg hat die Klägerin die Festsetzung eines GdB von 100 sowie die Feststellung der Merkzeichen „G“, „B“ und „RF“ verlangt und zur Begründung im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt. Sie hat ergänzt, dass ihr eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu 100 % nicht möglich sei; bewege sie sich doch einmal in der Öffentlichkeit, benutze sie eine Atemmaske oder müsse sich zwei bis drei Tage mit erhöhten Schmerzen regenerieren. Das Sozialgericht hat Befundberichte des Internisten Dr. L. vom 10. September 2010 sowie des Dermatologen und Umweltmediziners Dr. M. vom 25. November 2010 beigezogen und sodann ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. N. veranlasst. Dieser Sachverständige hat unter dem 15. Mai 2011 mitgeteilt, dass die Klägerin zwar zu dem anberaumten ambulanten Untersuchungstermin im Städtischen Klinikum erschienen sei, die Untersuchung allerdings bereits nach zehn Minuten abgebrochen habe, weil sie in dem Untersuchungszimmer eine für sie unerträgliche Geruchsbelastung vermutet habe. Sie sei nicht bereit gewesen, weiter in dem Zimmer zu verweilen. Zuvor seien bereits beide Fenster geöffnet worden und die Klägerin habe sich unmittelbar vor das geöffnete Fenster gesetzt. Als Grund für die Geruchsbelästigung habe die Klägerin die im Raum befindlichen Geräte (EMG und PC) benannt. Die Klägerin habe sodann die Klinik verlassen mit dem Hinweis, dass das Gutachten in einer anderen Praxis durchgeführt werden solle. Zu einer Begutachtung der Klägerin durch den Sachverständigen Dr. N. kam es deshalb nicht.

Sodann hat das Sozialgericht ein Gutachten eingeholt von dem Internisten und Umweltmediziner Dr. O. Dieser Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 27. April 2012 zusammenfassend die Diagnosen einer MCS, einer leichtgradigen depressiven Störung und eines chronischen Rückenleidens gestellt und ist zu der Einschätzung gelangt, dass die MCS-Erkrankung mit einem Einzel-GdB von 80 zu beurteilen sei. Unter Berücksichtigung der leichteren depressiven Störung (Einzel-GdB 20) und des Rückenleidens (Einzel-GdB 20) ergebe sich ein Gesamt-GdB von 80. Darüber hinaus lägen die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen „RF“ vor. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 2. Juli 2012 hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass bei nochmaliger vertiefter Betrachtung eine höhere als die ursprüngliche Einstufung des GdB sowie die Zuerkennung der begehrten Merkzeichen zumindest nicht unangemessen sei.

Mit Urteil vom 18. September 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Chemikalienüberempfindlichkeit in entsprechender Anwendung des Abschnitts der Versorgungsmedizinischen Grundsätze im Hinblick auf Persönlichkeitsstörungen mit einem Einzel-GdB von 30 zutreffend beurteilt worden sei. Ein Krankheitsbild, nach welchem eine Integration in Lebensbereiche auch mit umfassender Unterstützung nicht möglich sei, liege bei der Klägerin nicht vor. Diese sei in der Lage, in ihrem Haus weitgehend beschwerdefrei zu leben. Zudem sei es ihr auch möglich gewesen, an einer einstündigen Gerichtsverhandlung teilzunehmen, ohne dass sich im Ansatz Hinweise auf ein beginnendes Anfallsleiden ergeben hätten, obwohl während des gesamten Zeitraums ein Fenster im Verhandlungssaal nicht geöffnet gewesen sei und der Termin in einem Gebäude stattgefunden habe, in dem erst im August 2012 wegen Verdachts auf chemische Rückstände eine Schadstoffmessung durchgeführt worden sei. Auch ein Anspruch auf die Zuerkennung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die begehrten Merkzeichen liege nicht vor.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 28. September 2012 zugestellte Urteil am 19. Oktober 2012 Berufung eingelegt. Sie verlangt die Festsetzung eines GdB von 100 sowie die Zuerkennung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen „G“, „B“ und „RF“. Zur Begründung bezieht sich sie auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und ergänzt, dass der erstinstanzliche Richter sie nicht ernst genommen habe. Sie leide an einer seltenen Spezialerkrankung, die selbst bei Ärzten kaum bekannt sei. Es sei nicht das erste Mal, dass Sachverständige und Gerichte nicht in der Lage seien, Krankheitsbilder nachzuvollziehen und richtig zu klassifizieren. Die Einstufung als psychische Erkrankung werde ihrer Situation nicht gerecht und beweise eine unzureichende Kompetenz des Gerichtes. In Bezug auf die mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht habe sie alles getan, um vor Gericht überhaupt erscheinen zu können und sich so zu präsentieren, wie dieses dem eigenen Anspruch an die persönliche Würde entsprochen habe. Am Verhandlungstag habe sie vor der Abreise eine schützende Infusion konsumiert und nach Ende der Gerichtsverhandlung sei sie erschöpft und für diesen Tag nicht mehr in der Lage gewesen, noch irgendwelche Dinge zu tun.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 18. September 2012 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 20. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Mai 2010 abzuändern,

2. den Beklagten zu verurteilen, den GdB mit 100 festzusetzen sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen „G“, „B“ und „RF“ festzustellen.

Der Beklagte beantragt, Randnummer11 die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 18. September 2012 zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil und seinen mit ihm überprüften Bescheid für zutreffend. Er weist darauf hin, dass die von der Klägerin vorgetragenen Einschränkungen im Ablauf des täglichen Lebens offensichtlich jedenfalls bis zu einem gewissen Grad beherrschbar seien. Ein GdB von 100 sei keinesfalls zu begründen, ein Anspruch auf die begehrten Merkzeichen bestehe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.

Das Gericht hat im vorbereitenden Verfahren die Personalakte der Klägerin von der Niedersächsischen Landesschulbehörde beigezogen und sodann eine Begutachtung der Klägerin durch den Psychiater Dr. P. veranlasst. Dieser Sachverständige hat unter dem 16. Juli 2013 zum Umfang seiner Vergütung für das Gutachten angefragt und hierzu ausgeführt, dass bereits nach einer groben Überschau erkennbar sei, dass es sich um ein schwieriges Gutachten, verbunden mit dem Umgang mit sehr schwierigen Menschen handele; der Ehemann der Klägerin habe sich bereits in recht unangenehmer Weise telefonisch bei ihm eingeführt. Zeitgleich hat die Klägerin reklamiert, dass der Sachverständige Dr. P. ausweislich des zwischen diesem und ihrem Ehemann geführten Telefonates nicht qualifiziert für die Erstellung des Gutachtens sei. Wegen einer sodann vom Sachverständigen Dr. P. angezeigten Überlastung hat das Gericht zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen diesen Sachverständigen abberufen und stattdessen eine Begutachtung der Klägerin durch den Psychiater Prof. Dr. A. veranlasst. Dieser Sachverständige hat unter dem 12. Dezember 2013 ausgeführt, dass die Klägerin zwar zum Untersuchungstermin erschienen sei, die psychiatrische Untersuchung allerdings nur im Beisein ihres Ehemannes habe durchführen wollen. Auf diese Forderung habe nicht eingegangen werden können, weil eine psychiatrische Untersuchung mit speziellen Ausnahmen generell Gegenstand eines Vier-Augen-Geschehens zu sein habe. Mit dem Ehepaar habe über diesen Gesichtspunkt kein Einvernehmen erzielt werden können. Darüber hinaus habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass ihr die gesamte Praxis unverträglich erscheine und sich erkundigt, wann die Praxis zuletzt gestrichen worden sei, ob es Wlan-Anschlüsse gäbe oder Stromkabel. Keineswegs habe sich die Klägerin vor Ort untersuchen lassen wollen. Der Hinweis, dass das Untersuchungszimmer dasselbe bleibe, auch wenn ihr Ehemann bei der Untersuchung zugegen sei, sei für das Ehepaar nicht nachvollziehbar gewesen. Der Sachverständige Prof. Dr. A. hat den Gutachtenauftrag sodann unerledigt an das Gericht zurückgesandt.

Dem Gericht haben außer der Prozessakte die Verwaltungsakte des Beklagten sowie Auszüge der Personalakte der Klägerin der Niedersächsischen Landesschulbehörde vorgelegen. Die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig. Der Senat konnte sich nicht die Überzeugung bilden, dass die bei der Klägerin vorliegende Behinderung einen höheren GdB als 30 bedingt und die Feststellung der Merkzeichen „G“, „B“ und „RF“ rechtfertigt.

Nach § 69 Abs. 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden auf Antrag eines behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Dabei werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe und damit die zur Durchführung des § 30 Abs. 1 BVG auf der Grundlage von § 30 Abs. 17 BVG ergangene Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) gelten dabei entsprechend. Maßgeblich für die Feststellung des GdB ist danach die auf der Grundlage des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft erstellte Anlage zu § 2 der VersMedV „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (im Folgenden: „Anlage“).

1. Der Senat konnte sich nicht die Überzeugung bilden, dass die bei der Klägerin im Mittelpunkt der Beschwerden stehende MCS-Erkrankung einen höheren GdB als 30 bedingt. Nach Teil B 18.4 der Anlage sind die Fibromyalgie und ähnliche Somatisierungs-Syndrome (z.B. CFS/MCS) jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen. Damit ist die MCS-Erkrankung systematisch den Bewertungsmaßstäben für Erkrankungen der Haltungs- und Bewegungsorgane sowie rheumatischen Krankheiten zugeordnet, womit der Verordnungsgeber der Einschätzung – und der Forderung der Mehrheit der MCS-Patienten – gefolgt ist, dass es sich bei der MCS als umweltmedizinische Erkrankung jedenfalls nicht um eine psychische Störung handelt. Dem entspricht, dass in der internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD 10) die MCS im Diagnosenthesaurus (alphabetisches Verzeichnis) der Schlüsselnummer T 78.4 zugeordnet worden ist, was sich wiederum im systematischen Verzeichnis des ICD 10 in dem Kapitel „Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen“ findet. Auch in dem ICD-10-Katalog ist diese Erkrankung damit nicht bei den psychischen Krankheiten eingruppiert (solche finden sich vielmehr in Kapitel 5 Gliederung F 00 bis F 99 (psychische und Verhaltensstörungen)). Nach der systematischen Einordnung in der Anlage (Teil B 18.4) ist der GdB im Hinblick auf eine MCS-Erkrankung damit allein nach den funktionellen Auswirkungen an den Haltungs- und Bewegungsorganen zu beurteilen (Bewegungsbehinderung, Minderbelastbarkeit, Versteifungen, Gelenkschwellungen, Kontrakturen, Atrophien, oder ähnliches). Aus der Akte ergibt sich allerdings kein Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin aufgrund der MCS-Erkrankung an funktionellen Auswirkungen an den Haltungs- und Bewegungsorganen leidet. Auch der Sachverständige Dr. O. hat in seinem Gutachten vom 27. April 2012 festgehalten, dass alle Extremitäten der Klägerin frei beweglich gewesen sind und ihr das Hinlegen und Aufstehen mühelos gelungen ist. Auch die grob neurologische Untersuchung blieb unauffällig. Funktionelle Auswirkungen der Erkrankung an den Haltungs- und Bewegungsorganen liegen damit nicht vor, sodass der Einzel-GdB für die MCS-Erkrankung bei strenger Auslegung der Anlage der VersMedV mit 0 zu beurteilen wäre.

Gegenüber dem Sachverständigen Dr. O. hat die Klägerin allerdings berichtet, bei Kontakt mit geringsten Mengen von Chemikalien oder Duftstoffen an folgenden Beschwerden (in etwa der geschilderten Reihenfolge) zu leiden: Geschmacksmissempfinden, Halsschmerzen, schmerzhaftes Brennen der Schleimhäute in Rachen und Speiseröhre bis Magen, starke Rötung des Gesichts, dann starke Schweißausbrüche, Herzklopfen, sie fühle sich „zu nichts mehr in der Lage“, „wie gelähmt“, Denkblockaden, völlige Hilflosigkeit. Begebe sie sich in eine unbelastete Umgebung, klängen die stärksten Symptome innerhalb circa einer Stunde wieder ab. Es blieben jedoch eine große Erschöpfung und diffuse Schmerzen. Handelt es sich also bei den Beschwerden, die durch die MCS-Erkrankung bedingt sind, vornehmlich um vegetative Symptome, denen kein bzw. primär kein organischer Befund zugrunde liegt, ist der GdB damit in Analogie zu Teil B 3.7 der Anlage zu beurteilen. Ob es sich bei der MCS tatsächlich um (k)eine psychische Erkrankung handelt, ist dabei unerheblich. Sicher ist, dass die MCS-Erkrankung eine komplexe Symptomatik darstellt, die somatische Anomalien, physische aber auch psychische Folgen nach sich zieht. Bestehen – wie vorliegend – keine physischen funktionellen Einschränkungen aufgrund der Erkrankung, verbleibt für die Beurteilung des GdB allein die Möglichkeit der Berücksichtigung der somatischen und psychischen Beschwerden.

Nach Teil B 3.7 der Anlage sind leichtere psychovegetative und psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 und stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 zu bewerten. Schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheiten) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten rechtfertigen einen GdB von 50 – 70 und solche mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdB von 80 – 100. Die Klägerin behauptet, aufgrund der MCS-Erkrankung an der Ausübung ihres Berufes gehindert zu sein, öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen, Veranstaltungen und Geschäfte nicht aufsuchen sowie Putz- und Waschmittel sowie Kosmetika nicht verwenden zu können. Zeitungen und Zeitschriften könne sie nicht lesen, neue Haushaltsgeräte würde sie nicht tolerieren, neue Kleidungsstücke müssten mehrfach gewaschen werden und 1/2 Jahr hängen. Damit könnte es sich bei der Erkrankung der Klägerin womöglich um eine schwere Störung handeln, die mit mittelgradigen oder sogar schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten einhergeht und damit mit einem Einzel-GdB von 50 bis 100 zu bewerten wären. Das Gericht sieht sich jedoch mangels medizinischen Sachverstandes nicht in der Lage, hierzu eine abschließende Bewertung vorzunehmen, denn der Sachverhalt – wie er sich bisher für den Senat darstellt – weist zu viele Widersprüchlichkeiten sowie Unklarheiten auf und gibt in nicht unerheblichem Ausmaß Anlass zu Zweifeln an der Erheblichkeit der vorgetragenen Beschwerden und/oder Anfälle.

So ist u.a. undurchsichtig geblieben, aufgrund der Einwirkung welcher konkreten Stoffe/Chemikalien bei der Klägerin welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen objektiv/tatsächlich auftreten, mit welcher Erheblichkeit dies geschieht, ob und ggf. welche Medikamente im Notfall verabreicht werden und wie oft in der Vergangenheit lebensbedrohliche oder ernsthafte Zwischenfälle vorgekommen sind. Objektive Feststellungen hierzu finden sich in den dem Senat vorliegenden Unterlagen nicht. Beispielsweise ist für den Senat auch nicht nachvollziehbar, wie es dem Ehemann der Klägerin möglich sein kann, wie ein „Scout“ oder „Kundschafter“ für die Klägerin die Reinheit der Luft zu erschnuppern, wenn doch „für einen normalen Menschen nicht spürbare Abdampfungen sich auf die Raumluft auswirken und für die Klägerin dann über Tage hinweg einen Raum nicht nutzbar machen“ (Zitat Prozessbevollmächtigter der Klägerin, Schriftsatz vom 31. Juli 2012). Darüber hinaus ist für den Senat auch noch vollkommen ungeklärt, ob und ggf. in welchem Umfang die behaupteten Beschwerden im engeren Sinne krankheitsbedingt oder aber von der Klägerin willentlich überwindbar sind. Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerden zumindest teilweise willentlich überwindbar sind, gibt es mehrfach: So hat die Klägerin bei dem Sachverständigen Prof. Dr. A. auch nur das Betreten des Untersuchungszimmers u.a. mit dem Hinweis auf Stromkabel abgelehnt und bei dem Sachverständigen Dr. N. konnte das Lüften des Zimmers/Öffnen der Fenster für die Klägerin keine Verbesserungen der für sie unerträglichen Geruchsbelastung herbeiführen, so dass es zu einem Abbruch beider Begutachtungen kam. Im Gegensatz hierzu hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in seinem Schriftsatz vom 14. Juni 2011 darauf hingewiesen, dass es der Klägerin unproblematisch möglich sei, sich in seinem Besprechungszimmer – in dem sich ein Rechner befinde – aufzuhalten, sofern das Zimmer zuvor gezielt gelüftet worden sei. An der ca. einstündigen mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht konnte die Klägerin am 18. September 2012 ohne Anzeichen eines Anfallsleidens teilnehmen, obwohl während des gesamten Zeitraums im Verhandlungssaal keine Fenster geöffnet waren. Das Vorhandensein von z.B. Rechnern oder Stromkabeln schien sich in beiden Fällen nicht wesentlich nachhaltig auf den Gesundheitszustand der Klägerin auszuwirken. Darüber hinaus hat der Sachverständige Dr. O. in seinem Gutachten vom 27. April 2012 festgehalten, die Klägerin toleriere Kernseife, Eucerin-Kosmetika, einige wenige Bücher, könne ohne Beschwerden Fernsehen und Radio hören; der Einkauf im Bio-Hofladen sei ihr möglich, manche Ferienwohnungen seien für sie bewohnbar. Wie sich diese Sachlage mit den von der Klägerin behaupteten, für sie allgegenwärtigen und lebensbedrohlichen Umwelteinflüssen verträgt, bleibt für den Senat rätselhaft. Eine Aufklärung war dem Gericht mangels Mitwirkung der Klägerin allerdings nicht möglich, so dass der fehlende Beweis zu ihren Lasten gehen muss.

Dabei war der Senat nicht verpflichtet, die Aufklärung der Sachlage nur zu den Bedingungen der Klägerin durchzuführen. Die Klägerin hat im Verlauf des Verfahrens deutlich gemacht, mit einer Untersuchung und Begutachtung durch einen Arzt für Psychiatrie nicht einverstanden zu sein, weil sie der Auffassung ist, dass es sich bei der MCS-Erkrankung nicht um eine psychiatrische Erkrankung handelt. Der Senat ist davon überzeugt, dass allein dieser Umstand dafür wesentlich gewesen ist, dass die Klägerin (und ihr Ehemann) letztendlich eine Begutachtung durch die von Sozialgericht und Senat von Amts wegen beauftragen Sachverständigen verhindert haben. Wenn auch der Sachverständige Dr. P. letztlich das Gutachten wegen Überlastung nicht hat erstellen können, so hat auch dieser Sachverständige davon berichtet, dass der Ehemann der Klägerin im Vorfeld der Begutachtung telefonisch versucht hat, auf „recht unangenehme Weise“ Einfluss auf die Begutachtung zu nehmen; zeitgleich hat die Klägerin die mangelnde Qualifikation dieses Sachverständigen gerügt und die Beauftragung eines anderen Arztes verlangt. „Unangenehm aufgefallen“ sind die Klägerin und ihr Ehemann auch bei den Sachverständigen Dr. N. und Prof. Dr. A.: Ihr Verhalten ging hier soweit, dass es letztlich in beiden Fällen zu einem Abbruch der Begutachtung gekommen ist. Dabei sind keine gesundheitlichen Gründe ersichtlich, die einer Begutachtung durch diese Ärzte entgegengestanden hätten. Dass die Klägerin der ernsthaften Gefahr von gesundheitlichen Schäden in den Praxisräumen des Dr. N. bzw. Prof. Dr. A. ausgesetzt gewesen ist, ist jedenfalls nicht ersichtlich. Keiner der beiden Sachverständigen hat insoweit Krankheitssymptome wahrgenommen (z.B. Rötung des Gesichts, Schweißausbrüche, Hilflosigkeit) und in seinen Ausführungen dokumentiert. Bei dem Sachverständigen Prof. Dr. A. hat die Klägerin offenbar nicht einmal den Versuch unternommen, den Untersuchungsraum zu betreten, dies in erster Linie aufgrund des Umstandes, dass ihr Ehemann bei der psychiatrischen Untersuchung nicht hätte zugegen sein dürfen. Dabei war der Sachverständige Prof. Dr. A. auch nicht verpflichtet, die Anwesenheit des Ehemannes der Klägerin bei der Untersuchung zu akzeptieren. Der Sachverständige ist gehalten, gemäß der Beweisanordnung ein entsprechendes Fachgutachten (hier nach ambulanter Untersuchung) zu erstellen. Vor allem die psychiatrische Anamnese betrifft wesentlich auch das persönliche Umfeld des zu Begutachtenden, so dass es für die Erstellung wesentlicher Teile des psychiatrischen Gutachtens erforderlich sein kann, dass der Sachverständige allein mit dem zu Begutachtenden das Gespräch führt. Das Verhältnis zu der Vertrauensperson kann hier eine Bedeutung haben, worauf auch der Sachverständige Prof. Dr. A. hingewiesen hat. Dabei handelt es sich um eine (Vorab-)Abwägung des Sachverständigen, die in seinem fachlichen Ermessen steht. Der Entscheidung liegt eine medizinisch-fachliche Frage zugrunde, wie der Sachverständige dem Gutachtensauftrag gerecht zu werden gedenkt; sie allein rechtfertigt es jedenfalls nicht, den Sachverständigen abzulehnen und die Begutachtung abzubrechen.

Die Klägerin hatte auch keinen Anspruch darauf, ausschließlich von einem Sachverständigen begutachtet zu werden, der sich auf das Krankheitsbild der MCS-Erkrankung spezialisiert hat. Der vorliegende Rechtsstreit erfordert die Herausarbeitung und Benennung von Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen und deren Subsumtion unter die Vorgaben der VersMedV. Hierfür sind spezielle Kenntnisse über Ursache, Verlauf, Behandlung oder andere Einzelheiten der MCS-Erkrankung nicht erforderlich. Weil wie oben bereits dargelegt die Erkrankung der Klägerin keine physischen funktionellen Einschränkungen mit sich bringt, verbleibt für die Beurteilung des GdB allein die Möglichkeit der Berücksichtigung der somatischen und psychischen Beschwerden und hierdurch hervorgerufener Funktionsbeeinträchtigungen. Es lag damit nahe, einen Sachverständigen aus diesem Fachgebiet zu benennen. Sofern sich im Anschluss an die psychiatrische Begutachtung die Erforderlichkeit weiterer Ermittlungen (z.B. auf dem Fachgebiet der Allergologie) ergeben hätte, so wäre das Gericht dem auch nachgegangen. Weil die Klägerin aber ganz offensichtlich Ermittlungen in ihr unangenehm erscheinende Richtungen unterbunden hat, waren weitere Ermittlungen von Amts wegen weder zweckmäßig, noch sachdienlich. Denn ohne die Möglichkeit einer vollkommenen Aufklärung durch das Gericht besteht – sofern nur die Ermittlungen getätigt würden, die der Klägerin gefallen – die Gefahr einer Verzerrung der Sachlage. Eine objektive Rechtsfindung ist so nicht möglich.

Der Senat kann sich für seine Entscheidungsfindung auch nicht auf das vorliegende Gutachten des Sachverständigen Dr. O. vom 27. April 2012 samt ergänzender Stellungnahme vom 2. Juli 2012 beziehen. Dieses Gutachten ist unbrauchbar, weil es sich allein auf die Angaben der Klägerin stützt. Der Sachverständige hat – bis auf ca. 4 Sätze auf den Seiten 5 und 6 des Gutachtens – keine eigenen Befunde (die zudem bis auf eine festgestellte Depressivität unauffällig gewesen sind) erhoben und die Angaben der Klägerin nicht kritisch hinterfragt. Er hat sodann die aus den Akten ersichtliche Diagnose MCS übernommen und die von der Klägerin vielfältig vorgebrachten Einschränkungen ungeprüft mit einem GdB von 80 bemessen. Eine allein von den Angaben der Klägerin ausgehende Bewertung des Ausmaßes der Beeinträchtigung kann jedoch nicht Grundlage einer nachvollziehbaren GdB-Bewertung sein. Da eine Entscheidung über Bestehen und Ausmaß von Funktionsbeeinträchtigungen nicht in erster Linie auf die subjektiven Angaben eines naturgemäß am Ausgang des Verfahrens interessierten Antragstellers/Klägers gestützt werden kann, bedarf es insoweit einer möglichst umfassenden Objektivierung, zumindest aber einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Vorgebrachten. Dazu sind u.a. Beobachtungen während der Untersuchung zu berücksichtigen. Eine Objektivierung oder kritische Auseinandersetzung mit den vorgebrachten Beschwerden der Klägerin ist dem Gutachten des Sachverständigen Dr. O. aber nicht zu entnehmen.

Weitere leistungsmindernde Gesundheitsstörungen, die einen Einzel-GdB von wenigstens 10 rechtfertigen könnten, sind weder ersichtlich, noch von der Klägerin geltend gemacht. Auf der Grundlage der vorgenannten Erkrankungen ist damit ein Gesamt-GdB in Höhe von 30 festzustellen.

2. Aus denselben Gründen konnte sich der Senat nicht die Überzeugung bilden, dass bei der Klägerin die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen „G“, „B“ und „RF“ gerechtfertigt ist. Zum einen kommt schon mangels Schwerbehinderung (GdB 50) die Feststellung von Merkzeichen nicht in Betracht. Darüber hinaus steht im Hinblick auf das Merkzeichen „RF“ fest, dass die Klägerin wegen ihrer Behinderung nicht ständig an der Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen gehindert ist. Unter dem Begriff "öffentliche Veranstaltung" ist die Gesamtheit der Zusammenkünfte politischer, künstlerischer, wissenschaftlicher, kirchlicher, sportlicher, unterhaltender und wirtschaftlicher Art zu verstehen (BSG, Urteil vom 10. August 1993 9/9a RVs 7/91, SozR 3-3870 § 48 Nr. 2). Ein ständiger Ausschluss von diesen Veranstaltungen liegt erst vor, wenn der Schwerbehinderte allgemein und umfassend vom Besuch ausgeschlossen ist, also allenfalls an einem nicht nennenswerten Teil der Gesamtheit solcher öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen kann. Es ist eine enge Auslegung dieser Anspruchsvoraussetzungen geboten; praktisch muss eine Bindung an das Haus bestehen (BSG, Urteil vom 12. Februar 1997, 9 RVs 2/96, SozR 3-3870 § 4 Nr. 17; Urteil vom 10. August 1993, 9/9a RVs 7/91, SozR 3-3870 § 48 Nr. 2; Urteil vom 11. September 1991, 9a/9a RVs 15/89, SozR 3-3870 § 4 Nr. 2). Bei der Klägerin liegt womöglich eine starke Beeinträchtigung aufgrund ihrer Chemikalien-Unverträglichkeit vor, die es ihr erschwert, öffentliche Veranstaltungen zu besuchen. Sie ist aber wegen ihrer Leiden nicht ständig daran gehindert, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen, denn sie hat selbst eingeräumt, das Haus gemeinsam mit ihrem Ehemann verlassen zu können, um Einkäufe zu erledigen und Ärzte aufzusuchen. Auch war die Klägerin bei der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts am 18. September 2012 anwesend. Eine Bindung an das Haus bestand und besteht damit offensichtlich nicht. Die Voraussetzungen der Feststellung des Merkzeichens „G“ erfüllt derjenige, der im Sinn von § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist. Nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahr für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Das Gesetz fordert in § 145 Abs. 1 Satz 1, § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX eine doppelte Kausalität: Ursache der beeinträchtigten Bewegungsfähigkeit muss eine Behinderung des schwerbehinderten Menschen sein, und diese Behinderung muss sein Gehvermögen einschränken. Die ab dem 1. Januar 2009 geltenden Regelungen des Teil D Nr. 1 der Anlage zu § 2 VersMedV beschreiben dazu Regelfälle, bei denen nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen „G" als erfüllt anzusehen sind und die bei der Beurteilung einer dort nicht erwähnten Behinderung als Vergleichsmaßstab dienen können. Die Vorgaben der VersMedV zeigen auf, welche Funktionsstörungen in welcher Ausprägung vorliegen müssen, bevor angenommen werden kann, dass ein Behinderter infolge einer Einschränkung des Gehvermögens „in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist". Damit trägt die VersMedV dem Umstand Rechnung, dass das menschliche Gehvermögen keine statische Messgröße ist, sondern von verschiedenen Faktoren geprägt und variiert wird. Darunter sind neben den anatomischen Gegebenheiten des Körpers, also Körperbau und etwaige Behinderungen, vor allem der Trainingszustand, die Tagesform, Witterungseinflüsse, die Art des Gehens (ökonomische Beanspruchung der Muskulatur, Gehtempo und Rhythmus) sowie Persönlichkeitsmerkmale, vor allem die Motivation, zu nennen. Von diesen Faktoren filtert die VersMedV all jene heraus, die nach dem Gesetz außer Betracht zu bleiben haben, weil sie die Bewegungsfähigkeit des schwerbehinderten Menschen im Straßenverkehr nicht infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung seines Gehvermögens, sondern möglicherweise aus anderen Gründen erheblich beeinträchtigen (vgl. BSG, Urteil vom 27. August 1998, Az.: B 9 SB 13/97 R; Urteil vom 13. August 1997, Az.: 9 RVs 1/96, SozR 3-3870 § 60 Nr. 2). Eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens liegt bei der Klägerin nicht vor. Zwar erscheint es möglich, dass die Klägerin – sofern sie mit für sie unverträglichen Chemikalien in Kontakt kommt – aufgrund von Reaktionen (z.B. ein Gefühl von Lähmung und Hilflosigkeit) tatsächlich außerstande ist, die üblicherweise im Ortsverkehr zurückgelegte Strecke von 2 km in 30 Minuten zurückzulegen. Dieses Unvermögen zum Ortswechsel ist aber nicht Folge einer behinderungsbedingten Einschränkung ihres Gehvermögens. Die Voraussetzungen des Merkzeichens „G“ liegen damit nicht vor. Entsprechend kommt das Merkzeichen „B“ nicht in Betracht, weil es sowohl an einer Schwerbehinderung, als auch an der Erfüllung der Voraussetzungen für das Merkzeichen „G“ fehlt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Ein gesetzlicher Grund zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegt nicht vor.



Versorgungsmedizinische Grundsätze
in der Fassung der 5. Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung